Koffein im Tee: Werde ich heute Nacht schlafen?
“Ich mag Tee, ich mag Kaffee, aber ich möchte auch nachts schlafen. Was nun?”
Dies ist ein Dilemma für viele Teetrinker.
Teeverkäufer liefern oft widersprüchliche Informationen über den Inhalt an Thein der einzelnen Tees und nicht einmal im Internet findet man Anhaltspunkte. Finden wir also die Wahrheit über dieses Thema, wenn es auch ein bisschen unklar und komplex ist, heraus.
Kaffee, schwarzer Tee, grüner Tee: Weder ich heute Nacht einschlafen?
Koffein: Beliebte Missverständnisse
Lasst uns zum Anfang die zwei irreführendsten Überzeugungen vergessen: Thein ist nicht milder als Koffein. Schon im 19. Jahrhundert haben Wissenschaftler herausgefunden, dass Thein und Koffein die gleichen Moleküle sind. Also macht es keinen Unterschied, ob Sie Tee oder Kaffee trinken, Ihr Körper wird immer Koffein aufnehmen. Nichtsdestotrotz können sich Menge und Aufnahmegeschwindigkeit erheblich unterscheiden.
Thein und Koffein sind ein und dasselbe.
Schwarzer Tee enthält nicht mehr Koffein als Grüntee... und Grüntee enthält nicht mehr Koffein als schwarzer Tee. Ein Widerspruch? Nicht wirklich. Die Teesorte (weiss, schwarz, grün...) wird von der Verarbeitungsweise und nicht von der Natur der Blätter bestimmt. Zum Beispiel im Kreis Qimen (Anhui, China) produzieren die Teebauern zwei verschiedene Tees aus den selben Pfanzen; Qimen Hong Cha, d.h. Keemun, einen berühmten schwarzen Tee, und Huangshan Mao Feng, einen grünen Tee. Daher kann ein grüner Tee sowohl reich als auch arm an Koffein sein; das gleiche gilt auch für die schwarzen Tees.
Die Teesorte (grün, schwarz, weiß…) ist keiner Hinweis auf Koffeingehalt.
(daher gleichen Koffeingehalts)
Vom Blatt in die Tasse
Der Koffeingehalt in den Teeblättern hängt von vielen Parametern ab. Sicher von der Teepflanzenvarietät, aber auch Anbaugebiet (Boden, Wetter), Jahreszeit (junge oder reife Blätter), und die Art der Pflückung (von Blattknospe bis zu großen, reifen Blättern) spielen alle eine große Rolle. Und es gibt noch zahlreiche andere Einflüsse.
Innerhalb einer Teesorte gibt es ganz unterschiedliche Koffeingehalte.
In einer Laboruntersuchung (1) wurden in Bai Mu Dan 39 mg Koffein gemessen, aber nur 15 mg in Bai Hao Yin Zhen. Beide sind zwar weiße Tees aus dem selben Anbaugebiet (Fuding, Fujian) und stammen sogar aus der selben Teepflanzenvariätet. Yin Zhen besteht aber nur aus Blattknospen, wobei für Bai Mu Dan auch die zweiten und dritten Blätter des Zweiges gepflückt werden. Nun darf man das aber noch nicht verallgemeinern. Es heißt nicht, dass reine Blattknospen-Tees Koffeinarm sind!
Das ist noch nicht das Ende der Geschichte. Blätter mit viel Koffein ergeben nicht unbedingt Tee mit hohem Koffeingehalt. Koffein löst sich im Wasser nicht immer gleich schnell. Dabei spielt die Verarbeitung der Blätter eine große Rolle.
Im Kaffee sind die Koffeinmoleküle frei, wobei sie in den Teeblättern mit anderen Stoffen gebunden sind. Wenn unser Körper das Koffein nun assimilieren möchte, muss er erst die Bindungen brechen. Daher wird Koffein aus einer Tasse Kaffee vom Körper schneller absorbiert was der Grund ist weswegen er schneller „einen Kick gibt“ und schneller als Tee wirkt. Es gibt auch Unterschiede zwischen verschiedenen Tees. Für weißen und grünen Tee werden die Blätter leicht verarbeitet. Die Bindungen zwischen den Molekülen bleiben intakt und der Körper braucht Zeit um sie zu absorbieren. Aus diesem Grund haben viele von uns erlebt, wie Grüntee erst nach einigen Stunden wirkt und sein Effekt lang dauert. Vielleicht trinken Mönche aus diesem Grund während langen Meditationen gerne grünen Tee. Die Blätter von Oolong und schwarzen Tees werden geschüttelt und gegen einander gerieben um die Oxidation zu fördern (yao qing = das Grüne schütteln). Durch die starke Verarbeitung werden die Bindungen zwischen Koffein und anderen Molekülen gebrochen. Daher wird Koffein in schwarzem Tee üblicherweise schneller von unserem Körper absorbiert, wirkt aber kürzer, als grüner Tee.
Aus dem gleichen Grund löst sich das Koffein in ganzblättrigen Tees langsamer im Wasser. Gemahlene Tees (z.B. Matcha, Teebeutel) haben mehr Koffein in der Tasse als ganzblättrige, handgepflückte Tees (2). Neben dem feineren Geschmack ein zweiter Grund, ganzblättrige Tees zu bevorzugen.
Koffeingehalt in den Blättern und die Verarbeitung sind nicht die einzigen Parameter die die Konzentration von Koffein in der Tasse beeinflussen. Auch die Aufgussmethode spielt dabei eine wichtige Rolle. Heißwasser löst Koffein schneller als kaltes Wasser. Daher, je höher die Wassertemperatur desto stärker der Tee. Und natürlich je länger die Ziehzeit, desto höher der Koffeingehalt.
Falls Sie den ersten Aufguss ausschütten, was in Gongfu Cha üblich ist, wird auch ein Teil des Koffeins wegfallen. Wird dann der zweite Aufguss leichter als der erste? Nicht unbedingt. Der zweite Aufguss kann genau soviel Koffein wie der erste haben (1).
Nichtdestotrotz wird die Auflösungsrate nach einigen Minuten abnehmen. Wenn Sie also heute Nacht gut schlafen wollen, ist es keine schlechte Idee die ersten paar Runden wegzuschmeißen.
Was wird Ihren Schlaf am wenigsten stören?
Das Koffein in grünen Tees, das langsamer absorbiert wird, oder das Koffein in schwarzen Tees, das einen unmittelbaren Effekt hat?
Und wie kann man das Koffeingehalt von verschiedenen grünen oder schwarzen Tees bestimmen da es nicht von der Teesorte abhängt?
Welche ist die beste Aufgussmethode um den Koffein in der Tasse möglichst tief zu halten?
Wie Sie sicher festgestellt haben, um diese Fragen genau zu beantworten muss ich auch ein wenig spekulieren.
Die beste, und meiner Meinung nach die einzige, Weise zu bestimmen ob ein Tee Sie wach halten oder nervös machen wird, ist es den Tee zu probieren!
Falls Sie Koffeinempfindlich sind fragen Sie am besten nach Teeproben in Ihrem Lieblings-Teeladen und experimentieren in Ruhe zu Hause bevor Sie größere Mengen einkaufen.
Falls Sie aber doch keine Zeit haben, fragen Sie den Verkäufer nach seiner persönlichen Erfahrung und versuchen sicherzustellen, dass er „das Koffein fühlt“ (nicht jeder ist darauf empfindlich) und ihnen von seiner persönlichen Erfahrung berichtet und nicht was er in Zeitschriften gelesen hat oder von anderen gehört hat.
(1) Camellia Sinensis: Tea, history, terroirs, varieties. Autor: Camellia Sinensis Tea House. Auflage: Firefly Books (2011). ISBN: 978-1-55407-937-7.