Energie tanken in Shanghai

Shanghai, 1. – 3. Mai

Zurück nach Shanghai, zurück zur Konformität. Ich mag Städte nicht so sehr, aber ich muss zugeben, dass ich froh bin, für einige Tage wieder in Shanghai zu sein; ich kenne die Stadt, viele (Tee-)Freunde leben hier; alles ist einfacher und angenehmer. Ich wohne bei Zhi Xiao, in einer gemütlichen Wohnung mit dem Luxus eines Bettes mit Matratze und Bad für mich allein.

Ich verbringe den ganzen ersten Tag damit, Tee zu trinken, indem ich verschiedene Proben miteinander vergleiche. Ich verbringe meine Zeit hier mit den gleichen Teefreunden; das bedeutet mehr Spaß und ihre wertvollen Meinungen helfen mir bei der Auswahl. Wir beginnen mit den Proben von Anji Bai Cha, die wir in den vergangenen Tagen in Anji gesammelt haben. Für alle ist der Tee von Huifang -der Teebauer, bei dem ich in Anji übernachtet habe - zweifellos der beste, voller und süßer als alle anderen und sehr delikat. Leider sind von dieser Charge nur noch 500g übrig. Huifang schickt mir eine Probe eines Tees, der nur wenige Tage zuvor gepflückt wurde; ich hoffe, er wird so gut wie dieser sein.

  

Vergleich verschiedener Anji Bai Cha.

 

Von Grün gehen wir zu Gelb über.

In diesem Jahr werden wir bei Nannuoshan alle drei berühmten chinesischen Gelben Tees anbieten: Huoshan Maofeng (bereits gekauft), Jun Shan Yin Zhen (Proben auf dem Weg nach Shanghai) und Mengding Huang Ya, der Tee aus Sichuan, den wir heute probieren.

Nur ein weiterer Schritt macht aus einem grünen Tee einen gelben Tee, der Prozess heißt "Gelbfärbung" und ist schwer zu meistern. Nur wenige Hersteller haben die nötige Erfahrung und das nötige Knowhow; unser Lieferant aus Sichuan ist einer von ihnen. Vor zwei Jahren besuchte ich ihre Teefabrik und verbrachte hier ganze zwei Tage, um zu lernen, wie man die Blätter vergilbt ". Ich denke, wir sollten in den nächsten Monaten ein Seminar über Gelben Tee in Berlin abhalten.

  

Mengding Huang Ya, der gelbe Tee aus Sichuan.

 

Am Nachmittag werde ich pu' er-durstig: Zeit, Cherry zu besuchen! In ihrem Pu' er Teeladen finde ich immer guten Tee zu vernünftigen Preisen. Ihr Hauptfach ist Tee - ja, in China kann man an der Universität Tee studieren - und sie hat sich auf Tee aus Yunnan spezialisiert, sowohl Pu' er- als auch Schwarztee.

Benjamin, ein deutscher Freund in China, gesellt sich zu mir. Wir bitten um ein rohen Pu' er (Sheng Pu) aus Lincang, einer Grafschaft im Zentrum von Yunnan. Lincangs Pu' er sind weniger bitter als die aus Xishuanbanna und am wichtigsten für mich sind sie "Speziati"(würzig) Ich bin mir nicht sicher, ob man dieses Wort so ins Deutsche übersetzen kann.

Cherry wählt einen bing cha (Kuchen) aus der Fengqing Tea Factory, Jahrgang 2008. Die Blätter sind groß und gut voneinander getrennt. Der Kuchen ist ziemlich locker zusammengepresst. Es schmeckt genau so, wie ich es erwartet habe. Im Mund ist es, als würden sie meinen Gaumen angenehm kratzen, genau dort, wo es juckt; durstlöschend.

Raw pu'er (Shengpu) from Lincang  Raw pu'er (Shengpu) from Lincang

Raw pu'er (Shengpu) from Lincang

Rohe pu' er (Sheng pu) aus der Region Lincang - reif, würzig und keine Bitterkeit.

 

An diesen Tagen in Shanghai besuche ich jeden Abend ein anderes Teehaus. Teehäuser hier sind Orte, wo man keinen Tee kaufen kann, sondern nur trinken, meist gegen eine beträchtliche Summe Geld. Die meisten von ihnen haben getrennte Zimmer, eines für jede Gruppe von Gästen. Die Einrichtung ist geschmackvoll, edel und teuer. Die Gäste können einen Tee aus einer Liste auswählen und entscheiden, ob sie ihn selbst ziehen lassen oder eine Gongfu Cha Dame den Job für sich erledigen lassen. Während des Aufenthaltes bringen die Kellner verschiedene Arten von Snacks mit, die alle im Preis inbegriffen sind. Die Abrechnung erfolgt entweder persönlich -unabhängig von der Menge und Art des Tees - oder durch den Tee.
Eine Freundin eines Freundes, der mir danken möchte, dass ich ihr eine Antihaft-Bratpfanne aus Deutschland mitgebracht habe, lädt mich in ein Teehaus im alten Stil ein. Ein massives Haus mit dutzenden von Zimmern, jedes im antiken Shanghai-Stil eingerichtet. Hier wird nur Pu' er serviert. Die Speisekarte ist dick, die Auswahl riesig, die Preise lächerlich. 16 Gramm des teuersten Pu' er kosten 200000 RMB, was fast 30000 € entspricht. Wir entscheiden uns für einen viel billigeren, aber immer noch teuren Shupu aus dem Jahr 1988.

Tea house in Shanghai, China.

Pu' er Teehaus. Shanghai nostalgische Atmosphäre und pu' er, der die soviel wie ein Auto kostet.

 

Nach drei Tagen ist es Zeit zu gehen. Die Mutter meines Gastgebers bereitet mir ein leckeres Frühstück zu: Reisknödel mit Schweinefleisch und viel frischem Obst.

  

Hausgemachtes Frühstück. Letzter Luxus, bevor es wieder losgeht.

 

Geschrieben von Gabriele