Gespräch mit Chae Won-Hwa, Koreanische Tee-Meisterin

Seoul, 17. April 2017

Die meisten Tee-Liebhaber kennen Chanoyu, die Japanische Tee-Zeremonie, und praktizieren täglich Gongfu Cha, die chinesische Aufguss-Methode. Nur wenige haben aber von der koreanischen Tee-Zeremonie gehört.

Dieses Jahr habe ich die Frühlings-Teereise in Seoul angefangen, wo ich Meisterin Chae Won-Hwa getroffen habe. Sie ist die höchste Vertreterin der koreanischen Teekultur.

Nach einer schwierige Suche unter dem Regen, endlich überquere ich die Tür des Panyaro-Instituts, wo Frau Direktor Chae Won-Hwa die Theorie und die Praxis der koreanischen Teekultur lehrt. Ihr Kurs dauert drei Jahre; in den vergangenen 30 Jahren haben etwa 150 Studenten das Studium abgeschlossen.

Meisterin Chae, eine elegante und freundliche Dame in Mitte siebzig, wartete auf mich im Schneidersitz auf den Boden, vor einem kleinen Tisch bedeckt mit traditionellem, koreanischem Tee-Geschirr.

Koreanische Tee Zeremonie - Der Weg des Tees  Traditionelle koreanische Teekanne

Meisterin Chae Won-Hwa bereitet Tee nach koreanischer Art zu.

 

Meisterin Chae lernte den Panyaro-Ansatz zum Tee von ihrem Lehrer, Meister Hyodang. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, als Korea unter japanischer Herrschaft stand, wurde die koreanische kulturelle Identität unterdrückt; Die Tradition und die Weise tee zu trinken wurde fast vergessen. Nach der Unabhängigkeit im Jahr 1945, dedizierte Herr Hyodang, buddhistischer Mönch und aktiver Nationalist, den Rest seines Lebens der Wiederbelebung der koreanischen Teekultur.

Basierend auf buddhistischen Zen-Prinzipien und frei von Formalismen, wird die koreanische Teekultur am besten von vier chinesischen Zeichen beschreiben: 茶道 無門 "Der Weg des Tees kennt keine Tür."

Entfern von den Formalismen der japanischen Teezeremonie und dagegen nah an dem chinesischen Gongfu Cha, ist die koreanische Art Tee zuzubereiten eine einfache und natürliche Methode, die die wesentliche Werte des Lebens wie Mäßigung, Festigkeit, Flexibilität und Dankbarkeit fördert.

Meisterin Chae bereitet den Tee zu, den sie mit eigenen Händen produziert hat. Sie lernte die Verarbeitung des Panyaro-Grüntees von dem Ehrwürdigen Hyodang. DieProduktion ist komplex und für mich ungewöhnlich. Eine Kombination der Verarbeitungsmethoden von  grünem, schwarzem und gelbem Tea. Die frischen Blätter, gesammelt in einem Bambus-Sieb, werden in kochendes Wasser gelegt, eine Praxis die ich bei keinen anderen Tee gesehen habe. Nach einem kurzen Welken werden die Blätter von Hand gerollt, um Oxidation zu fördern; ähnlich wie bei schwarzem Tee. Kurz danach werden die Blätter auf Holzkohlenfeuer erhitzt, um die Oxidation zu stoppen, die eigentlich nur in geringem Masstab stattgefunden hat. Danach werden die feuchten Blätter in einen Topf gelegt und dadrin einen Monat lang gereift, bevor sie schließlich getrocknet werden; wahrscheinlich fermentieren die Blätter in dem Topf, ähnlich wie bei gelbem Tee.

Die Bewegungen von Meisterin Chae sind natürlich, langsam und elegant. Die Analogien mit Gongfu Cha sind eindeutig. Sie benutzt eine traditionelle Teekanne mit Seitengriff, ein breites Kännchen und kleine Tassen, die sie mit heißem Wasser reinigt. Die Tassen werden sorgfältig mit einem weißen Tuch getrocknet, bevor sie vor ihrem Sohn und mir auf Holz-Untertassen gestellt werden.

Nur drei Teelöffel Blättern in die Kanne, in lauwarmem Wasser aufgegossen. Chae Won-Hwa  lacht und, bevor sie den Tee trinkt, bringt ihre Hände zusammen; für ein kurzer Dankbarkeit-Gebet; diese ist ihre einzige ausdrückliche Geste, die ich mit der buddhistische Ursprung der Teezubereitung verbinden.

Sie nennt nie Zen oder Meditation, aber ihre Botschaft kann man deutlich aus ihrer Einstellung zum Tee entnehmen. Ich genieße ihre implizite Lehrweise wesentlich mehr als die Methoden von vielen Teemeistern, die ihre Überzeugungen mit lauter Stimme aussprechen.

Meisterin Chae Won-Hwa reist jeden Frühling zum Berg Jirisan, um den grünen Tee Panyaro zu produzieren. Ihre Teeplantagen befinden sich im Nationalpark, auf dem buddhistischen Berg. Ich hatte Glück, sie in Seoul zu treffen. In wenigen Tagen beginnt die neue Ernte; später hier als in China, da der Frühling in Korea später kommt.

Koreanischer Grüntee

Meisterin Chae Won-Hwa erklärt wie sie Tee auf dem Berg Jirisan produziert.

 

Wir trinken eine Tasse nach der anderen. Sie gießt den Tee für kurze zeit, um einen leichten Geschmack zu erzielen. Aber, von Zeit zu Zeit, lässt sie die Blätter länger ziehen; der Tee wird damit bitter, gewinnt aber eine leichte Jasmin-Note. Man sagt, dass der Tee Panyaro sechs Geschmäcke enthält: salzig, süß, sauer, bitter, scharf und pfeffrig. Ich glaube, sie alle heute erlebt zu haben, in unterschiedlichen Proportionen. Es ist ein neues Geschmackserlebnis für meine Geschmackspapillen, das ich mit traditionellem chinesischem Gelbem Tee assoziieren.

Nannuoshan trifft die koreanische Tee-Meisterin Chae Won-Hwa.

Photo unter dem Kalligraphie-Bild 茶道無門: "Der Weg des Tees kennt keine Tür."

 

Der Tee Panyaro wird komplett von Hand und nur von der Meisterin Chae Won-Hwa produziert. Letztes Jahr war sie krank, daher wurde keinen Tee produziert. Ich habe eine kleine Dose aus dem Jahrgang 2015 mitgenommen, die wir am 7. Mai für Sie im Seminar Grüntee pflücken, verarbeitet und verkosten zubereiten werden.

 

Geschrieben von Gabriele