Entdeckungsreise nach Jingdezhen, der Porzellanhauptstadt

2. Mai 2019

Nur ein paar Stunden in einem gemütlichen Zug und wir sind in Jingdezhen, der chinesischen "Porzellanhauptstadt". 1,5 Millionen Einwohner, aber es fühlt sich an wie in einer Kleinstadt. Auf dem Weg zum Hotel kommen wir an mit Porzellanfliesen verzierten Straßenlaternen vorbei und durchqueren einen Antiquitätenmarkt voller Porzellan. Wenn Porzellan riechen würde, wäre die Luft damit geschwängert.

 

3. Mai 2019

Bevor ich aus dem Bett aufstehe, sage ich mir: "Heute nichts kaufen, nur gucken!"

Diese Stadt ist voller Kunst und ich weiß, wie sehr ich mich für verrückte Teegeschirre begeistern kann (siehe Yixing Blog). Heute möchte ich mich nur umsehen; für den Einkauf wird es in den nächsten Tagen Zeit geben.

Wir beginnen den Tag mit einem Spaziergang entlang der Hauptstraße von Sanbao, einem der künstlerischsten Viertel der Stadt. Die meisten Geschäfte sind geschlossen - die Künstler stehen spät auf - aber es tut uns gut, einen langsamen Start in den Tag zu haben. Wir führen kurze Gespräche mit einigen Künstlern, während wir ihre schönen Ateliers und Gästehäuser besuchen. Caroline beginnt zu kaufen, während ich das Versprechen halte, welches ich mir selbst gegeben habe.

Ein paar Stunden später sind wir in Lius chaotischem Büro. Etwa zehn Mitarbeiter stehen vor den Bildschirmen der Computer und verkaufen Teegeschirr im Taobao-Shop von Liu. Vor ein paar Jahren, als wir ihn zum ersten Mal trafen, war Liu ein Töpfer. In unserem Shop findet sich noch immer ein von ihm gefertigter Artikel, der  Tropfenfängerkanne. Jetzt ist er Wiederverkäufer und kauft von anderen Jingdezhen-Künstlern, um in ganz China zu verkaufen. Am Ende kaufe ich einen Gaiwan und ein Sieb für Nannuoshan; diese Käufe haben keinen Einfluss auf mein Versprechen - ich sage mir, sie sind für Nannuoshan, nicht für mich selbst.

  

Teegeschäfte in Jingdezhens Sanbao-Viertel. Der versteckte Garten einer 4-Zimmer-Pension.

 

  

Die ersten Artikel, die für Nannuoshan in Jingdezhen gekauft wurden, ein Fischmaul-Gaiwan in einer blass-blauen Färbung und ein Goldblatt-Sieb.

 

Von den vielen Porzellan-Lokationen in der Stadt ist eine ganz besonders: Heute wird die größte Teegeschirrmesse in Jingdezhen eröffnet, eine Veranstaltung, die zweimal im Jahr stattfindet und drei Tage dauert. Hunderte von Töpfern stellen ihre Kreationen in winzigen Kabinen aus, die entlang enger Gassen aufgereiht sind. Dort verbringen wir den ganzen Nachmittag bis zur Dämmerung; einfach überwältigend! Am Ende des Tages sind meine Augen müde, vielleicht noch mehr als meine Füße. Viele Gegenstände haben mich in Versuchung geführt; aber ich habe nur Fotos gemacht und werde morgen zum Einkaufen wiederkommen.

  

    

Einige handgefertigte Gaiwans, die ich morgen für Nannuoshan kaufen werde.

Ich nehme jeweils ein Stück in meinem Gepäck mit nach Hause, während der Rest in den nächsten Wochen für uns maßgeschneidert und in ein paar Monaten online verfügbar sein wird.... Alternativ kann, wer sich verliebet und nicht warten will, uns per E-Mail kontaktieren, um die Musterartikel zu bestellen.

 

Der Tag ist noch nicht vorbei; nach dem Abendessen haben wir einen Termin in Herrn Lins Laden. Herr Lin und ich haben zwei Dinge gemeinsam: Wir lieben Dancong und einfache Formen. Er verwöhnt uns mit wunderbaren Blättern aus Wudong, meisterhaft gebraut in einem dünnen Celadon-Gaiwan, weich und glatt wie eine Wolke. Morgen besuchen wir seine Fabrik und erleben seine Kochkünste: Wir sind zum Abendessen eingeladen!

  

Herr Lin brüht einen sehr seltenen Ginger Flower Dancong (Jiang Hua).
Ansichten seiner Celadon Teegeschirrkollektion, so zart wie Wolken. Der Gaiwan und die Schalen werden im nächsten Herbst in unserem Shop erhältlich sein.
Herrn Lins Mitarbeiterin graviert Wolken in eine Celadon-Tee-Schale, nur wenige Minuten bevor er in die Küche eilt, um frische, handgezogene Nudeln zuzubereiten.

 

4. Mai 2019

Neuer Tag, selber Ort. Wir sind wieder in Sanbao. Heute Morgen, anstatt erratisch auf der Hauptstraße auf und ab zu gehen, fahren wir direkt zu Ryans Studio. Ich bin aufgeregt und ungeduldig; Ryan ist der Künstler, den ich auf dieser Reise treffen wollte.

Schüchtern und selbstbewusst zugleich, extravagant und zurückhaltend und dazu extrem innovativ. Wir hatten vor Jahren, als sein Talent im Begriff war, sich zu entwickeln, eine Teeschale von Ryan in unserem Laden.

Als Caroline und ich sein Teestudio betreten, sind wir beide gleichzeitig erstaunt und fasziniert. Ryan spielt mit Natur und Metallen, heute wie auch schon in den ersten Jahren seiner Karriere. Während seines Studiums verbrachte er einige Zeit in Europa, eine Erfahrung, die seinen Stil modernisiert hat; er verbindet chinesische Tradition mit westlichem Flair. Seine Werke sind nicht festgeschrieben, sie sind lebendig: Das auf die Ware aufgebrachte Gemälde ist so gestaltet, dass es sich mit der Zeit und mit der Nutzung verändert. Hitze, Wasser und sogar Schwerkraft verändern Farben, Textur und Form. Und ja, wie sich schon vermuten lässt, hat Ryans Kunst ihren Preis; und die jüngst eingeführte Verwendung von Silber und Gold in seinen Dekorationen macht sein Handwerk nicht billiger.

Caroline und ich müssen nicht darüber reden. Wir beide wissen, dass wir hier ein Vermögen ausgeben werden. Nicht viele Teeliebhaber in Europa sind so verrückt wie wir; und eigentlich sind wir uns bewusst, dass wir den größten Teil unseres Budgets für Tee und nicht für Teegeschirr ausgeben sollten. Aber wir können nicht anders!

Normalerweise vermeide ich es, extrem teure Artikel für Nannuoshan zu kaufen; ich weiß aus Erfahrung, dass sie in den Regalen unseres Lagers unverkauft bleiben werden. Aber wenn ich für mich selbst kaufe, sind die Kriterien anders.

Letztes Jahr haben wir die Regel gebrochen und für Nannuoshan Tee im Wert von mehr als einem Euro pro Gramm bezogen. Nun, in diesem Jahr, verstößt Teegeschirr gegen die Regeln: auf den Bildern unten ein paar Artikel aus Ryans Kollektion, die in Kürze in unserem Online Shop erhältlich sein werden.

  

Ryan erklärt seine Kunst. Teetabletts sind in seinem Ausstellungsraum ausgestellt.

 

  

Einige von Ryans Kreationen. Der ganz linke Gaiwan, der mit Bambusblättern verziert ist, der sechseitige Krug und das Bergtablett werden im Shop von Nannuoshan erhältlich sein. Sie sind alle Einzelstücke. Wenn du dich verliebst, schicke uns eine e-mail, bevor sie weg sind.

 

Am Abend fahren wir zur Fabrik von Herrn Lin. Er ist sehr beschäftigt, immer auf den Beinen. Draußen bereitet er das Abendessen in einem selbstgebauten Kessel zu; drinnen macht er alles bereit, um den Ofen zu befeuern; er wird die ganze Nacht lang brennen. Das Abendessen ist exquisit; Huhn, Kartoffeln und frische Nudeln, die von einem seiner Mitarbeiter selbst gemacht wurden.

  

Herr Lin bereitet das Abendessen in einem selbstgemachten Kessel zu und wir alle genießen es.

 

Tassen und Gaiwans in Herrn Lin's Fabrik warten darauf, gebrannt zu werden.

 

5. Mai 2019

Die letzten beiden Tage waren sehr intensiv. So beschließen wir, die letzten Stunden in Jingdezhen zu verbringen und Jackson Li's Sanbao Kunstdorf zu besuchen. Hier lebt der Freund, der uns durch das Dorf führt, zusammen mit anderen Künstlern. Der Zugriff ist begrenzt und ein Code wird benötigt, um hineinzukommen. Mehrere Holzgebäude beherbergen ausgewählte Künstler und ihre Ateliers. Wir genießen die friedliche Atmosphäre und entspannen uns an einem Gongfu-Cha-Tisch, an dem unser Freund einen zwanzigjährigen Shupu für uns zubereitet. Man würde erwarten, dass er erdig ist, aber dem ist bei weitem nicht so, dass er sich am Gaumen so weich anfühlt wie Seide. Der Geschmack erinnert mich an Klebreis.

  

Gebäude, Innenarchitektur und Gongfu Cha Sitzung in Jackson Li's Sanbao Dorf.

 

Zeit zum Aufbruch. Wir nehmen einen Zug zurück nach Shanghai und fliegen von dort zurück nach Hause. China war dieses Jahr sehr freundlich zu uns. Die erste Nannuoshan Teereise übertraf unsere Erwartungen. Spencer, Benjamin und ich haben unsere Kunden gerne durch China geführt; ihre Begeisterung, ihr Staunen und ihre Dankbarkeit sind Belohnungen, die in unseren Herzen und Erinnerungen bleiben werden.

Nun ist die große Frage: "Was sollen wir nächstes Jahr für Euch organisieren?" Es gibt Zeit zum Nachdenken, aber wir planen bereits für diesen Sommer ein Tee-Wochenende in den Alpen, um Teemomente, Teewissen und Ideen mit euch allen zu teilen.

 

Geschrieben von Gabriele